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Erlebnisbericht #1 - Oktober 2019

Für Partner-Hunde Österreich und für Apporte e.V. schreibe ich nun regelmäßig Erlebnisberichte von meinem Leben mit Assistenzhund. Warum nicht auch hier veröffentlichen? Hier ist mein erster Bericht aus dem Oktober.


Anfang September war ich bei der Einschulung in Nußdorf und lernte meinen Pelle kennen. Ich glaube, es war Liebe auf den ersten Blick! …und mittlerweile sind wir schon ein ganz gutes Team. 

Pelle ist ein toller Hund, voller Energie und Lust etwas zu unternehmen. Er passt gut zu mir, er hat großen Spaß an ausgedehnten Handbike-Touren und streift mit mir so ziemlich jeden Tag durch den Wald. Auch die Hamburger Innenstadt hat er schon mit mir erkundet, wir nutzen gläserne Fahrstühle, verbringen Zeit in Cafés und Restaurants und er ist einfach super. Geduldig bleibt er unter dem Tisch und wird häufig erst von anderen Gästen bemerkt, wenn ich den Ort verlasse. 


Auch Shoppen funktioniert super! Meistens lege ich ihn an einer nicht so stark frequentierten Stelle in einem Laden ab und kann mich in Ruhe umsehen und aussuchen. Pelle ist allerdings auch sehr leicht ablenkbar. Wird er von irgendwelchen Menschen angesprochen und gelockt geht er freudig darauf ein. Es passiert nicht oft, aber leider ignorieren einige Menschen die Kenndecke. Das versuche ich zu unterbinden, bei Mensch und beim Hund, aber das ist nicht immer so einfach… seine Mitmenschen hat man leider nicht so gut im Griff wie den eigenen Hund. Ich hörte schon: „Du bist ja süß, arbeitest du schön?“ und dann wurde Pelle tatsächlich weggelockt von seinem Platz an dem ich ihn abgelegt habe… unglaublich. Es ist schwer, einem so süßen Hund zu widerstehen, aber es ist schon krass, wie blöd sich manchmal Menschen verhalten können. Jedenfalls, bei keiner menschlichen oder tierischen Ablenkung bleibt er brav liegen, egal wie voll der Laden ist und so kann ich ganz stressfrei Dinge erledigen.


Interessant war es auch im Supermarkt. Als Test habe ich mir Lidl ausgeguckt, da dort auf der Homepage zu lesen war, dass Assistenzhunde erlaubt sind. Beim Betreten des Marktes wurde ich kritisch von Mitarbeitern und Kunden beäugt, ich spürte förmlich die Blicke im Rücken, aber niemand sprach mich erstmal an. So besorgte ich ein paar Dinge und stellte mich an der Kasse an. Hier wurde ich dann freundlich darauf hingewiesen, dass mein Hund doch bitte nächstes Mal vor der Tür bleiben solle. Ich wies darauf hin, dass Pelle ein ausgebildeter Assistenzhund sei mit Ausweis und er ja auch eine Kenndecke trüge. Hunde wären in Lebensmittelgeschäften nicht erlaubt, wurde mir dann nochmal mit Nachdruck gesagt. Ich sagte der Lidl-Mitarbeiterin sie möchte doch bitte mal auf der Lidl-Homepage nachlesen, dass Assistenzhunde sehr wohl hier erlaubt sind. Sie wollte es nicht so recht glauben, aber sich noch einmal informieren.

Für Kleinigkeiten würde ich Pelle ohnehin nur mit in den Supermarkt nehmen. Da ich meine Einkäufe selbst erledige, ist es mir mit Hund, Einkaufswagen und Rollstuhl zu stressig. Man hat halt nur zwei Hände…Den Kassengang mit Hund und Rollstuhl zu passieren klappt gut, aber wenn noch ein voller  Einkaufswagen dabei ist, wird es schwierig, dann bleibt Pelle im Auto. Wenn ich aber mit Handbike und Hund unterwegs bin, kombiniere ich es auch gern mal mit einem kleinen Einkauf. Dann kommt er mit und beim nächsten Mal wissen die Mitarbeiter dann hoffentlich Bescheid, was in ihrem Laden erlaubt ist. Nachzulesen hier, auf Lidl’s Homepage unter Freundlichkeit und Schnelligkeit.


Da ich den Sommer viel segelnd in Plau am See verbringe, musste Pelle natürlich wenigstens einmal noch in diesem Jahr mit nach Plau kommen, viel los war allerdings bei uns nicht mehr, denn es ist Saisonende. Ich zeigte ihm unseren Segelhafen und machte ihn schon mal mit kleinen Aufgaben vertraut, die er in der nächsten Saison dann für mich dort erledigen darf. Wir machten schon mal Trockenübungen am Steg, Pelle musste einen Tampen halten, auch wenn sich der Zug darauf verstärkt und dann wieder etwas lockerer lassen. Er machte es gut, nächstes Jahr soll er mir so beim Boot festmachen helfen, indem er dann das Boot kurz hält, bis ich ausgestiegen bin und ich es festmachen kann. Außerdem durfte er seine Schwimmweste schon mal testweise anziehen, weil ich auch mal Segelanfänger mit dem Motorboot begleite. Zwar hat er schon bewiesen, dass er ein toller Schwimmer ist, aber wenn man weiter draußen auf dem See ist, dann ist Schwimmweste für Hund und Mensch Pflicht.

  Ein weiterer Plan von mir, seit diesem Sommer bin ich begeisterte Stand-up Paddlerin (oder besser Sit-up…) es macht jedenfalls total Spaß mit dem Brett und bei einer ausgedehnten Tour soll Pelle mich natürlich auf dem See begleiten. 

Der Hinlege-Pfiff und der Zurück-Pfiff klappen gut. Überraschende Hundebegegnungen, schnelle Radfahrer sind so eigentlich nie ein Problem. Auch wenn er mit anderen Hunden spielt und ich irgendwann weiter möchte, gelingt es mir fast immer beim ersten Mal Pelle mit Stimme oder Pfeife zurückzuholen.

Wild ist ein bisschen ein Thema für uns, Schwarzwild ist uninteressant, aber Rehe und auch deren Spuren sind sehr interessant. Da klappt der Zurück-Pfiff nicht immer sofort. Er kommt, aber er lässt sich Zeit. Mittlerweile bin auch ich eine gute Fährtenleserin und weiß genau, wo die Rehe hier bei uns die Spazierwege im Wald kreuzen. Hier kommt Pelle dann an die Leine. Ein weiteres Thema sind Eichhörnchen. Die possierlichen kleinen Nager schleichen gerne bei mir im Herbst im Garten rum und verbuddeln ihre Wintervorräte. Bei bodentiefen Fenstern über die ganze Front ist das ein Schauspiel, welches Pelle sehr gern beobachtet (…und ich auch). Auch draußen schweifen Pelles Blicke gerne nach oben in die Baumwipfel, wenn es raschelt oder er gar ein Eichhörnchen sieht. Wenn er es eher entdeckt als ich und ohne Leine ist, startet er durch und hockt sehnsüchtig unter dem Baum. Jetzt ist es auch nicht leicht ihn von dort aus abzurufen, da sind die Ohren schon mal auf Durchzug. Es gelingt, aber es dauert auch mal. 

Ich setze darauf, dass Pelle mit der Zeit noch etwas gelassener und erwachsener wird. Im Moment ist halt vieles noch sooooo interessant und wenn es im Herbst die aufstobenden Blätter sind. Da ich ja schon hundeerfahren bin und fast 15 Jahre einen Golden Retriever hatte, erinnere ich mich noch gut an die ersten 2-3 Jahre und ich weiß es wird besser, Geduld…

Pelle ist ein so toller Hund, wir haben so viel Spaß miteinander und er unterstützt mich in vielen Dingen und bereichert meinen Alltag. Aufgrund meiner Erkrankung ist die Sensibilität in den Fingern nicht mehr ganz so gut. Kleine, glatte Dinge rutschen mir so häufig aus der Hand und Pelle schafft es wirklich alles aufzuheben und das auch von den Fliesen bei mir zuhause. Münzen sind kein Problem. Er schafft es sogar Scheckkarten von Fliesen aufzuheben und alles Mögliche, was mal so runterfällt. Mit Begeisterung schließt er auch die Haustür, was ich auch sehr praktisch finde und mir das Verlassen des Hauses einfach bequemer macht. Müsste ich sonst doch wieder ein Stück ins Haus, dann die Tür zuziehen und dabei zeitgleich rückwärts über die Schwelle fahren. Mit Pelle zusammen geht es besser und ich muss nur noch abschließen. Fällt der Schlüssel mir dabei runter, was ab und zu passiert, hebt Pelle ihn mittlerweile auf, ohne dass ich noch etwas sagen muss. Er lernt schnell. 

Nach so kurzer Zeit empfinde ich es jetzt schon als so schön und harmonisch mit Pelle, so dass ich ihn aus meinem Leben gar nicht mehr wegdenken mag.


Kerstin & Pelle