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Erlebnisbericht #3 - Dezember 2019

Pelle schnarcht leise, ich sitze auf meinem Lieblingssessel mit hochgelegten Füßen und das iPad auf dem Schoß. So verbringen wir den Morgen häufig, während ich lese, schreibe oder Dinge online erledige. Eine lieb gewonnene Routine, die mit Hund einfach „schön“ ist. Die erste kleine Gassirunde haben wir natürlich schon erledigt, Futter gab es auch schon, und heute Mittag geht es in den Wald. So läuft es bei uns beiden in den ruhigen Wintermonaten, wenn das Wetter trist ist und wir einen relativ normalen Tag verbringen.


Vor oder nach dem großen Spaziergang am späten Vormittag kaufen wir häufig zusammen ein, wobei ich Pelle nur mit in den Supermarkt nehme, wenn ich wirklich nur 2 bis 3 Teile einkaufen muss und diese bequem auf dem Schoß transportieren kann. Mit Rollstuhl, Hund und Einkaufswagen ist es zu nervig für alle Beteiligten. Pelle bleibt dann im Auto. In unserem hiesigen Einkaufszentrum, der „Galerie“ in Buchholz, ist Pelle allerdings immer dabei. Er kommt mit in die Apotheke, in den Drogeriemarkt „dm“ oder auch in alle anderen Läden, wo ich mal reinschaue oder etwas benötige. Letztens war ich dort Schuhe kaufen, und Pelle war eine große Hilfe. Ich ließ ihn ablegen, stöberte ein bisschen und entschied mich, einen Schuh anzuprobieren. Meine Schuhe ließ ich während des Anprobierens einfach auf den Boden fallen. Pelle lag die ganze Zeit aufmerksam in meiner unmittelbaren Nähe. Als ich mich für ein Paar Schuhe entschieden hatte, brauchte ich nur mit dem Finger auf meine auf den Boden liegenden Schuhe zu zeigen und er reichte sie mir an. Toll!


Im Buchladen ist er auch vorbildlich. Dort lasse ich ich ihn unter einem Bücherregal hinlegen, und oft sieht man nur die Leine hervorgucken, wenn man aufmerksam ist. Er ist so unauffällig, und das ist manchmal wirklich lustig. Die Leute erschrecken sich, weil sie ihn plötzlich unter dem Regal entdecken. Durch sein schwarzes Fell blitzt oft nur das Weiße in den Augen auf.


Das Weihnachtsfest mit der ganzen Familie lief mit Pelle auch sehr gut. Was mir im Vorfeld Sorgen bereitete, war der gemietete Weihnachtsmann. Mit komplett verhüllten fremden Menschen hatte ich ja schon so meine einschlägigen Erfahrungen gemacht, wie ich im November berichtete. Also traf ich Vorkehrungen. Diesmal war das Ganze ja geplant, und nichts kam überraschend. Der Weihnachtsmann besuchte dieses Jahr das erste Mal persönlich meine Familie. Meine Neffen sind jetzt 4 und 1 Jahr alt, wobei der kleine beim großen Showdown schon schlief. Gegen 18 Uhr am Heiligen Abend war die Spannung kaum mehr auszuhalten. Wir warteten. Was wird passieren? Die Aufregung wuchs, und als dann ein rot gekleideter Mensch polternd ums Haus schlich, meinte Pelle, kurz Meldung machen zu müssen. Diese angespannten Menschen und plötzlich Geräusche vor der Tür! Da stimmt doch was nicht, oder? Bevor der Weihnachtsmann an der Tür klingelte und die Show begann, hatte ich Pelle schon beruhigt und ihn auf seine Decke neben mir verwiesen. Einen Kauknochen gab es sofort dazu. Der Weihnachtsmann packte gestenreich seinen Sack aus und verteilte die Geschenke. Er kommentierte mit tiefer, aber freundlicher Stimme. Pelle war das nun egal, Kauen beruhigt ja bekanntlich. Er war zufrieden mit dem Kauknochen auf seiner Decke und mit mir an seiner Seite. Er bekam natürlich auch etwas zu Weihnachten, einen selbst gebastelten Schnüffelteppich, den er richtig gut fand und der natürlich noch am Heiligen Abend getestet werden musste. 


Ich liebe Frost. Früher hätte ich das nie so gesagt, aber wenn der Boden gefroren ist, kann ich meine Exkursionen in das Naturschutzgebiet ausweiten. Schlamm und Treibsand sind nun fest, und ich kann gut darüber und zusätzlich einige andere Passagen fahren, die sonst nicht möglich sind. Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt: Hund und mein Equipment bleiben weitestgehend sauber, auch mal schön. Ein paar frostige Tage hatten wir schon im Dezember, und so ging es mit viel Spaß tief in den Wald. Pelle liebt diese Ausflüge, ich auch.

„No risk, no fun“ ist ja eine meiner Devisen im Leben, und damit fahre ich in allen Belangen sehr gut. Ich gehe gerne Risiken ein. Probieren, riskieren, den Konjunktiv den anderen überlassen – so mein Motto. Auch bei meinen zugegebenermaßen ungewöhnlichen Hundespaziergängen mit Rollstuhl. Sicherheit steht immer an oberster Stelle, so gibt es natürlich auch einen „Plan B“. So weiß ich immer, wer mich, wenn es sein muss, aus einer Notlage befreit, sollte diese mal eintreffen. Außerdem mache ich mir natürlich die Technik zunutze. Wenn ich nicht an mein Handy kommen sollte, telefoniere ich mit der Apple Watch. Empfang habe ich im Naturschutzgebiet, GPS-Daten für meinen genauen Standort kann ich immer schicken. Anfang Dezember trat leider einmal „Plan B“ in Kraft. Es war schon dunkel, Pelle und ich drehten noch eine kleine Abendrunde. Ich übersah einen kleineren Sandhaufen, blieb mit dem Vorderrad des Handbikes stecken und der Rollstuhl verdrehte sich. Rahmenbruch, nichts zu machen. Mir ist nichts Ernstes passiert, Pelle fand das Ganze eher interessant und wartete an meiner Seite. Ich habe einen Zweitschlüssel für mein großes Auto bei meinen Eltern deponiert, und so erreichte uns mein Vater relativ schnell. Hund, Rollstuhl, Handbike und ich wurden zügig verladen. Zu Hause gab es auf den Schreck erst mal einen Glühwein zum Aufwärmen und ein weiterer „Plan B“ musste schnellstens geschmiedet werden: Mein Rollstuhl zum Radfahren war nur noch Schrott, da musste schnellstens was Neues her. Aber das ist eine andere Geschichte.


Mittlerweile haben wir auch das Fahren mit Anhänger ausprobiert. Das klappt noch nicht ganz so gut. Pelle hüpft mal raus oder jammert vor sich hin, wenn er keine Lust darauf hat, und die hat er in der Regel nicht – auch wenn er schon 10 km gelaufen ist. Wenn beim Radfahren jemand herzzerreißend hinter dir jammert, macht es natürlich nicht so wirklich Spaß. Bei dem ungemütlichen Wetter und der Kälte ist es auch schwierig zu üben. Ich bewege mich dabei zu wenig und fange an zu frieren. Mein Plan ist, den Hänger jetzt etwas komfortabler auszustatten, damit Pelle es bequemer hat. Ich habe ein dickes Stück Schaumstoff in Anhängermaßen bestellt, um das Geholper etwas zu dämpfen. Damit ist dann auch der Boden des Anhängers weich und warm. Ich glaube, eine einfache Hundedecke reicht da nicht aus. 


Pelle hat den Silvesterabend gut gemeistert. Das Böllern hatte ihn nicht so gestört, vielmehr schien ihm das Feuerwerk am Himmel Angst zu machen. Den letzten Spaziergang erledigten wir gegen 17.30 Uhr. Eine Rakete am Himmel erschreckte ihn, da bellte er mal spontan ein „Wuff“ nach oben – ansonsten war er recht gelassen. Den Abend verbrachten wir mir vielen Leuten bei Freunden. Es war ein Kommen und Gehen, zeitweise waren vier Hunde vor Ort, sodass die fast ihre eigene Party hatten. Nachts ging es dann nach Hause, ein „Schnell, schnell“ wurde noch im Garten erledigt, und Neujahr schliefen wir dann erst mal aus.


Gut reingekommen sind wir schon mal in dieses neue Jahr, mal schauen, was 2020 so bringt – mit Pelle an meiner Seite wird es sicher nicht langweilig.


Kerstin & Pelle

...und zum Schluss noch ein „Suchbild“ aus dem Buchladen