Es ist kaum zu glauben, aber ziemlich genau ein Jahr lebt Pelle nun an meiner Seite. Ich habe ihn als ruhigen und schlauen Hund kennengelernt, der seine Aufgaben perfekt meistert, dem aber auch
mal der Schalk im Nacken sitzt. Außerdem hat er Power, liebt lange Spaziergänge durch den Wald und am Plauer See.
Seine Fertigkeiten hat er in diesem Jahr nicht verlernt, vielmehr versuche ich stetig daran zu arbeiten, dass er sie behält. Was ich viel und häufig nutze, ist die Möglichkeit, dass er mir Dinge
aufhebt. Da meine linke Hand nicht mehr über die komplette Sensibilität verfügt, fallen mir häufig mal kleine Gegenstände, besonders Münzen, herunter. Er hebt sie auf, mittlerweile schon aus
Gewohnheit. Die Aufforderung „Bring!“ braucht er schon gar nicht mehr. Mit Begeisterung schließt Pelle meine Haustür und erledigt noch so einige kleine „Handgriffe“, die mir das Leben
erleichtern.
Pelle ist in diesem Jahr ein toller Begleiter für mich geworden, und das in allen Lebenslagen. In Läden aller Art ist er mit dabei – in Supermärkten allerdings nicht so häufig. Ich bin eine
aktive Rollstuhlfahrerin, die ihre Einkäufe – für mich selbstverständlich – selbstständig erledigt. Mit einem Hund an der Leine noch einen Einkaufswagen zu schieben und dann noch Dinge
zusammenzusuchen ist mir dann aber etwas zu viel. So bleibt er im Auto oder ich lege ihn in Sichtweite ab, während ich einkaufe. Sich in diversen Läden in eine Ecke oder unter einem Warentisch
abzulegen ist etwas, was Pelle richtig gut kann. Er bleibt ruhig liegen, bis ich ihn abhole. Doch auch wenn er lieb guckt und unbeteiligt an seinem Platz liegt, habe ich schon die Erfahrung
gemacht, dass sich Leute erschrecken, wenn sie plötzlich einen großen schwarzen Hund entdecken. Meistens kann ich die Situation durch mein „Erscheinen“ aufklären und ernte Bewunderung und
Anerkennung für ihn.
Pelle begleitet mich häufig in Restaurants oder Cafés, und auch hier ist er komplett unauffällig. Legt sich brav ab und schläft meistens ein. Er war auch schon mit bei einer Lesung und hat auch
einen Reisevortrag über Südamerika mit mir verfolgt. Wobei er die Themen nicht so spannend fand, er verbrachte die Zeit überwiegend schlafend.
Einen großen Stellenwert in meinem Leben hat das Segeln. So verbringe ich seit einigen Jahren die Sommer in Plau am See. Pelle hat sich für mich wunderbar in das Vereinsleben und als Begleiter am
Steg eingeführt. Schlagende oder flatternde Segel machen ihm nichts aus, er hebt gerne mal einen Tampen auf und wartet geduldig am Steg neben dem Rollstuhl, wenn ich ablege. Leider passt er nicht
mit in mein Boot. Es ist ein kleines, schnittiges Ein-Personen-Kielboot, welches ich mit einer Pinne vor dem Oberkörper steuere, sodass für Pelle kein Platz mehr ist.
Was er überhaupt nicht mag, ist, wenn ich vom Steg aus baden gehe. Dann hüpft und bellt dieser sonst so in sich ruhende Hund. Ich glaube, er will mich „warnen“ oder „retten“. Seine Stimme, die
man eigentlich nie, es sei denn nur nach Aufforderung hört, ist dann schon sehr eindrucksvoll. Nach kurzer Zeit legt er sich dann wieder still neben den Rollstuhl und behält mich genau im Blick.
Bin ich dann wieder zurück, ist die Freude groß, schließlich bin ich „lebend“ wieder an Land
gekommen. Ich hoffe, die Erfahrung lehrt ihn immer mehr, dass ich durchaus gut schwimmen kann und „immer“ vom Baden wiederkomme.
Im Sommer hatten wir beide schon tolle Erlebnisse. Am schönsten war es, wenn Pelle mit mir ausgedehnte Touren auf dem SUP unternahm. Er kommt sehr gerne mit, und wir erschließen uns gemeinsam
paddelnd den See. Er mag besonders gern die Tour zur Räucherei, bei der wir anlegen können und er ab und zu mal eine Sprotte bekommt. Auf dem Brett selbst ist Pelle sehr ruhig. Er beobachtet die
Enten oder Schwäne, hat bei Welle mittlerweile ein super Gleichgewichtsgefühl entwickelt und wird nur selten vom Board gespült. Manchmal schläft er ausgestreckt auf dem Brett, während ich uns
über den dann spiegelglatten See paddle. Es macht großen Spaß mit ihm. Falls er mal von Bord geht und an Land schwimmen sollte, trägt er einen Tracker und eine Schwimmweste. Genauso ist es, wenn
ich mit ihm Motorboot fahre. Dank des Trackers weiß ich dann später, wo ich ihn abholen kann. Das alles ist aber nie passiert. So zeichnet der Tracker nur fleißig seine Aktivitätsdaten auf und
gibt mir Auskunft, wie viele Minuten er am Tag „aktiv“ ist.
Die Monate Juli und August verbrachten wir routinemäßig – eigentlich jeden Tag – mit Touren zum Hundestrand, Paddeln auf dem SUP, Segeln und Hafenleben. Hafenleben beinhaltet Baden, Segelfreunde
treffen und eine schöne Zeit verbringen. Manchmal bis spät in die Nacht und dann mit Sternegucken auf dem Steg. Pelle immer mittendrin. Eigentlich betreue ich in der Zeit von Mai bis September
ehrenamtlich das Freizeitangebot unseres Vereins, den Patienten der hiesigen Reha-Klinik das Segeln näherzubringen, aber leider musste das dieses Jahr aufgrund von Corona ausfallen. So hatte ich
viel Freizeit, aber es wurde auch dank Pelle nicht langweilig.
Natürlich fielen aufgrund von Corona auch viele Regatten, an denen ich teilnehmen wollte, aus. Die Deutsche Meisterschaft fand allerdings statt, und so hat Pelle mich im August nach Berlin an den
Wannsee begleitet. Ein schönes Erlebnis mit ihm, es hat Spaß gemacht, und er war ganz toll! Mich konnte man letztendlich auf dem 29. Platz von 40 Seglern finden. Meine Bootsklasse (2.4mR) ist
inklusiv, und Leute mit und ohne Handicap segeln wertungsfrei gegeneinander. Das macht großen Spaß, und mit Pelle an meiner Seite ist es einfach doppelt so schön.
Zwischenzeitlich war ich immer mal für ein paar Tage zu Hause. So war Pelle auch mal wieder in Hamburg, und es stellte sich raus, dass er nach dem „Lotterleben“ in Plau nichts verlernt hat – auch
in der Großstadt klappt alles.
Der Hinlege-Pfiff und der Rückhol-Pfiff funktionieren sehr gut. Es sei denn, irgendetwas „Leckeres“ ist mit im Spiel. Dann versagt Pelles Gehorsam. Entdecke ich das „Fressbare“ vor ihm und er ist
noch nicht dran, habe ich eine Chance. Sonst ist Pelle sehr folgsam, kommt, wenn ich möchte, und Hundebegegnungen aller Art sind auch kein Problem für ihn. Kleine Kläffer ignoriert er, bei
größeren, unfreundlichen Hunden versuche ich ihm ein gutes Gefühl zu geben, und das ist auch kein Problem. Wenn er an freundlichen Hunden vorbeigehen muss, weint er manchmal leise, wenn er nicht
hindarf, aber er bleibt gehorsam an meiner Seite.
Seine Verfressenheit ist manchmal anstrengend; er frisst sogar reinen Blattsalat, wenn ich ihn in seinem Napf „anrichte“, unglaublich. Komposthaufen sind vor ihm leider auch nicht sicher, und er
frisst Kirschen und auch Pflaumen, die auf den Rasen fallen. Nicht nur eine, sondern alle. Labrador ... Bei Pelle muss man immer vorausschauend sein.
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Nach diesem einen Jahr kann ich sagen, er bereichert mein Leben ungemein, er ist ein toller Hund und hat an Aktivitäten wie Wassersport und Handbiken genauso viel Freude wie ich. Ich bin so
glücklich, dass ich Pelle habe.
Die Tierärztin war auch sehr zufrieden mit ihm. Er sei gesund und sehe toll aus, sagt sie. Leider sehe sie nicht so häufig Labradore, die – wie er – eine Taille hätten. Pelle ist sehr muskulös
und wiegt 27 kg.
Kerstin & Pelle